Freitag, 16. Mai 2014

UNESCO Sammlung traditioneller Musik


Trommeln, Wasserplätschern, ein Singsang, Kinder lachen. Man hört die Wassertrommeln aus Kamerun. Feldaufnahmen, die in der Sammlung traditioneller Musik der UNESCO auftauchen. Nichts ist beschönigt, bereinigt oder aufgearbeitet. Es klingt so, als wenn man daneben sitzen würde. Irgendwo in Afrika. Solche und viele andere Aufnahmen wurden von der UNESCO seit den 50er Jahren zusammen getragen.
Wie klingt Musik aus der Zentralafrikanischen Republik, wie aus der Mongolei, wie vom kleinen Inselstaat Vanuatu? Musik, die eigentlich kaum beachtet wird, die jedoch zum kulturellen Erbe der Menschheit gehört.

2004 verschickte die UNESCO eine Rundmail, in der es hieß, die Plattenfirma, die bislang diese umfangreiche Sammlung auf Schallplatten herausgebracht hatte, machte im digitalen CD und mp3 Alter keine Gewinne mehr mit diesen Veröffentlichungen. Niemand wollte wohl mehr eine LP mit Liedern der Inuit aus dem Norden Kanadas kaufen.


Diese Mail kam auch auf den Schreibtisch von Atesh Sonneborn, der beim Smithsonian Folkways Plattenlabel in Washington DC für die Programmarbeit zuständig ist. Folkways Recordings ist eine alte Plattenfirma, die 1948 von Moses Asch gegründet wurde. Bis zu seinem Tod 1987 wurden 2168 Alben veröffentlicht. Ethnische und zeitgenössische Musik aus aller Welt, Literatur- und historische Aufnahmen, Dokumentationen, Soundplatten und allerlei andere teils seltsame “Recordings”. Nach dem Tod von Moses Asch stifteten die Erben diese umfangreiche Klang- und Musiksammlung an das Smithsonian Institut für kulturelles Erbe. Einzige Auflage; alle Aufnahmen müssen auch weiterhin einer interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Smithsonian dürfe sich nicht nur die Kirschen vom Kuchen nehmen, wie z.B. die Aufnahmen von Folksänger Woody Guthrie. Ein Deal, der noch heute besteht.

Als die UNESCO ihren Rundbrief verschickte, brauchten Sonneborn und seine Label Mitarbeiter nicht lange zu überlegen. Sie wollten diese Sammlung veröffentlichen, denn sie passte perfekt zum riesigen Archiv des Labels . “Ich schrieb ihnen zurück und sagte, wir könnten das so ähnlich machen, wie mit unserer eigenen Reihe “Smithsonian Global Sound”, erklärt Atesh Sonnenborn. Das Angebot von Folkways umfasste neben “Streaming”, Download und CD “on demand” auch umfangreiche Informationen über die jeweilige Aufnahme. Und die UNESCO nahm dieses Angebot gerne an.

Es dauerte nahezu zehn Jahre, um all die Rechte an den Aufnahmen zu klären. Doch nun kann es losgehen. Insgesamt warten auf den interessierten Hörer und Sammler 127 Alben, Musik aus 70 Ländern. Seit Ende April werden pro Woche zwei Platten in den verschiedenen Formaten veröffentlicht. “Es ist Musik, die eine ganze Generation noch nie gehört hat. Und wahrscheinlich auch nur wenige davor”, lacht Sonneborn. “Es ist wie ein Spiegel der Menschheit. Ein Spiegel, der uns ein besseres Verständnis der komplizierten Welt vorhält.” Und kompliziert ist auch die Musik selbst. Manches ist eingängig, anderes eher sperrig. Interessant ist hingegen alles. Hier hört man nichts, was auch nur annähernd den Weg in die Hitparaden und Charts der westlichen Welt geschafft hat. Es ist “Roots” Musik, Grundlagen der Weltmusik. Aus Indien, Afghanistan, Russland, Jemen, Kurdistan und vielen anderen Ländern.

Für Atesh Sonneborn ist klar, dass sich auch diese neue Auflage der UNESCO Sammlung nicht groß verkaufen wird. “Leute, wie Du und ich sind einfach zu wenig, um so etwas zu tragen”. Er hoffe deshalb auf die vielen ethnischen Gruppen in den USA und anderswo, die fernab der eigenen Heimat mehr erfahren wollen, über ihre Wurzeln. Mit dieser Reihe werden Grenzen überschritten; geographisch, musikalisch, spielerisch. Man dreht den Globus, hört hin und erkennt, dass die einzige globale Sprache Musik ist. Eine Sprache, die ohne Worte oder ohne entsprechendes Sprachwissen eine emotionale Ebene erreicht. Musik verbindet grenzenlos. 
Soundbeispiele gibt es hier: http://www.folkways.si.edu/radio/unesco/index.html