Samstag, 12. Oktober 2013

Ayreon – Into The Electric Castle – A Space Opera




Ayreon – Into The Electric Castle – A Space Opera


Besetzung:

Arjen Lucassen – electric and acoustic guitars, mandolin, bass, mini-moog, mellotron, keys, vocals


Gastmusiker:

Ed Warby – drums
Robby Valentine – pianos, synthesizer, mellotron
Clive Nolan – synthesizer
Rene Merkelbach – synthesizer, harpsichord
Ton Scherpenzeel – synthesizer
Roland Bakker – hammond organ
Thijs Van Leer – flute
Ernö Olah – violins
Taco Kooistra – cello
Jack Pisters – sitar
Fish – vocals
Sharon Den Adel – vocals
Damian Wilson – vocals
Edwin Balogh     – vocals
Anneke Van Giersbergen – vocals
Jay Van Feggelen – vocals
Edward Reekers – vocals
Peter Daltrey – vocals
Robert Westerholt – vocals
George Oosthoek – vocals


Label: InsideOut


Erscheinungsdatum: 1998, wiederveröffentlicht 2004


Stil: ProgMetal


Trackliste:


CD1:

1. Welcome To The New Dimension (3:06)
2. Isis And Osiris (11:11)
     A. Let The Journey Begin
     B. The Hall Of Isis And Osiris
     C. Strange Constellations
     D. Reprise
3. Amazing Flight (10:15)
     A. Amazing Flight In Space
     B. Stardance
     C. Flying Colours
4. Time Beyond Time (6:05)
5. The Decision Tree (We're Alive) (6:24)
6. Tunnel Of Light (4:05)
7. Across The Rainbow Bridge (6:22)


Disk: 2

1. The Garden Of Emotions (9:41)
     A. In The Garden Of Emotions
     B. Voices In The Sky
     C. The Aggression Factor
2. Valley Of The Queens (2:25)
3. The Castle Hall (5:50)
4. Tower Of Hope (4:54)
5. Cosmic Fusion (7:27)
     A. I Soar On The Breeze
     B. Death's Grunt
     C. The Passing Of An Eagle
6. The Mirror Maze (6:34)
     A. Inside The Mirror Maze
     B. Through The Mirror
7. Evil Devolution (6:31)
8. The Two Gates (6:28)
9. "Forever" Of The Stars (2:03)
10. Another Time, Another Space (5:22)

Gesamtspieldauer beider CD’s: 1:44:43




Der Niederländer Arjen Anthony Lucassen hat es also wieder gemacht. Nach seiner ersten Rock-Oper aus dem Jahr 1995 schob er 1998 mit seiner dritten Veröffentlichung unter der Überschrift „Ayreon“ gleich die zweite Rock-Oper hinterher. ProgMetal gibt es auch hier wieder zu hören, abwechslungsreich, verschachtelt, zum Teil progressiv, meist sehr rhythmisch, manches Mal allerdings auch sphärisch, jedoch immer und durchweg sehr melodiös. Aber nur ProgMetal? Nein, das ist längst nicht alles. Im Vorwort zu dem Album schreibt Arjen Lucassen, dass sich sein zweites Album „Actual Fantasy“ nur recht schleppend verkaufte, sodass er wieder zurück zum Thema der Rock-Oper kommen wollte, da sein Projekt „Ayreon“ sonst zum Sterben verurteilt wäre. Er wollte nun ein Album schreiben, welches der „absolute Killer“ werden sollte, wie er es selbst ausdrückt. Dabei verwendete er auf „Into The Electric Castle“ auch nicht nur „reale“ Violinen, Celli, Flöten sowie eine Sitar und verzichtete völlig auf Drum-Samples, nein, er wollte sich auch keine musikalischen Grenzen setzen und alle seine Lieblingsmusik-Stilrichtungen mit einbringen. Diese zählt er auch auf: Prog, Metal, Folk, Electronica, Psychedelic, Pop, Gothic und sogar ein wenig Blues und Jazz. Stellt sich jetzt nur die Frage: Gibt es denn überhaupt noch viel mehr? Aber um es gleich vorweg zu nehmen, die Platte ist keine krude Ansammlung verschiedenster Musikstile geworden, sie ist deutlich besser als das Erstlingswerk des Niederländers, da in sich geschlossener. Es gibt eine ganze Menge schöner Musik zu entdecken, wenn einem auch manches Mal das Gefühl beschleicht, dass weniger manchmal eben doch mehr ist.

Als Protagonisten konnte er für dieses Werk einige namhafte Musiker gewinnen. Fish, der Ex-Marillion-Sänger, übernimmt in dieser „Oper“ die Rolle des „Highlander“. Sharon Janny Den Adel von Within Temptation singt die Rolle der Indianerin, Anneke Van Giersbergen, zu dieser Zeit noch Sängerin bei The Gathering, versucht sich hier als Ägypterin. Arjen Lucassen selbst verkörpert die Rolle des Hippies. Bombastisch wirkt nicht nur die Musik auf „Into The Electric Castle“, fast ebenso „bombastisch“ ist auch die Story, die hinter der Idee des Albums steckt. Verschiedene Charaktere, eine Indianerin, ein Highlander, ein Ritter, ein Römer, eine Ägypterin, ein Barbar, ein Mensch aus der Zukunft und schließlich ein Hippie versuchen in das „Electric Castle“ zu gelangen, um in ihre jeweilige Zeit zurückkehren zu können. Und wie könnte es anders sein, dieses Unterfangen ist natürlich mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Nun, Phantasie kann man Arjen Lucassen wahrlich nicht absprechen, auf so etwas muss man erst mal kommen. Zusammengehalten wird die ganze Story durch einen Erzähler, der allerdings immer wieder den Schwung aus der Musik herausnimmt, was ein wenig störend wirkt.

Die Musik auf „Into The Electric Castle – A Space Opera“ ist wahrlich sehr bombastisch. Ruhigere und zurückhaltendere Momente sind deutlich in der Minderzahl vorhanden. Arjen Lucassen zieht hier alle Register, damit das ganze Werk auch möglichst voll klingt – und das schafft er auch in Perfektion. Nun, wer gerne in Musik schwelgt, der hat hier die Möglichkeit. Die oben aufgeführten Stilrichtungen finden sich wirklich alle an verschiedenen Stellen des Albums, obwohl ich den Blues und den Jazz doch ein wenig länger suchen musste. Aber das Album klingt und wirkt und es ist wahrlich schwierig einen einzelnen oder zwei oder drei Stücke herauszugreifen, man muss es tatsächlich in einem Zug durchhören, es wirkt in seiner Gesamtheit, anders verliert es seinen Reiz. Dazu benötigt man natürlich eine ganze Menge Zeit, denn eindreiviertel Stunden auf dem Sofa herumzuliegen, dazu haben heutzutage nicht mehr allzu viele Menschen die Zeit. Zudem muss man sich diese Musik auch öfters reinziehen, beim ersten Hören verpufft eine ganze Menge. Die Idee mit dem Joggen und dem MP3-Player ist da gar nicht schlecht, ich hoffe nur, ich halte diese knapp 105 Minuten durch. Hoffentlich wird es nicht zu bergig! Ach übrigens, apropos „Joggen“. Die Idee zu dem Konzept des Albums kam Arjen Lucassen während einer seiner vielen Jogging-Ausflüge durch die Wälder. Somit scheint nicht nur das Hören, sondern auch das Konzipieren von Musik in freier Natur, unter sportlicher Betätigung, sehr von Nutzen zu sein.

Angenehm – und das sollte jetzt zum Schluss auch noch explizit Erwähnung finden – ist auf jeden Fall, dass dieses Mal die Songstruktur zumindest größtenteils eingehalten wurde. Zwar gibt es auch wieder Verschachtelungen und nennen wir sie mal „Nebenmelodien“, aber es wird alles wieder zum Ursprung zurückgeführt, sodass man die einzelnen Titel auch voneinander unterscheiden kann, was bei „The Final Experiment“ nicht so ohne weiteres möglich war. Die Songqualität lässt allerdings auf der zweiten Scheibe etwas nach, da ist die Musik dann nicht mehr so mitreißend, wie sie es zum Teil auf CD1 ist.

Und noch etwas soll hier nicht unerwähnt bleiben. Auf beiden CD’s der Wiederveröffentlichung von 2004 hat Arjen Lucassen noch zwei kleine Filmchen „versteckt“. Auf CD1, mit insgesamt 17:36 Minuten Länge, werden die beteiligten Sänger etwas genauer vorgestellt und es wird erklärt, wie Arjen Lucassen diese überzeugte, ein Teil dieses Albums zu werden. Interessant dabei auch zu hören, wie die Stimmen der Sängerinnen und Sänger im Studio mal ganz rein klingen, also ohne musikalische Begleitung. Auf CD2 ist die gezeigte Sequenz jetzt ein wenig kürzer geraten und beträgt 7:37 Minuten. Hier führt Arjen Lucassen den Zuschauer nun durch das, wie er es nennt, „Ayreon-Museum“. Dabei erklärt er die Entstehungsgeschichte des Covers, welches wie die Musikinstrumente „real“ sein sollte. So gab er das Bild nach seinen Vorstellungen in Auftrag. Wichtig war ihm bei der Entstehung des Albums, dass möglichst viel an „Into The Electric Castle“ „echt“ ist. Neben den Instrumenten wie Violine oder Sitar, die nicht dem Synthesizer entsprungen sind, eben auch das Artwork zum Album. Das erklärt er alles ganz sympathisch und somit stellen diese beiden Filmchen eine ganz nette Dreingabe dar, wie ich finde.

Fazit: „Into The Electric Castle“ enthält viele schöne Melodien, treibende Parts und schwebende Abschnitte. Dieses Stück Musik kann man nicht nebenbei hören, darauf muss man sich konzentrieren können, sonst bringt das gar nichts. Nicht alles wirkt dabei, manches wirkt auch mal ein wenig oberflächlich – trotz des ganzen Bombasts, den es hier auf die Ohren gibt. Und wer mal hören möchte, wie Styx, Jethro Tull, Rush, Emerson Lake & Palmer, Elliott Smith, Within Temptation, Marillion, die Buggles, Heather Nova und Dire Straits zusammen Musik produzieren, der kann sich mit „Into The Electric Castle“ ein Bild davon machen - beziehungsweise sich entsprechendes Gehör verschaffen. Neun Punkte.

Anspieltipps: Ich probiere es mal mit: Isis And Osiris, Time Beyond Time und Valley Of The Queens